Die ersten Wochen unter Trump – Konsequenzen für Europa, für Deutschland und die Welt (Wolfgang Merz)

Donald Trumps Rückkehr ins Präsidentenamt sorgt für geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten. In Europa reagieren Staaten mit Verteidigungsinitiativen und neuen Bündnissen. Welche Folgen hat dies für Deutschland und die Welt?In seinem aktuellen Beitrag analysiert Dr. Wolfgang Merz die politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen der ersten Wochen von Trumps neuer Amtszeit. Von Handelszöllen über die Ukrainepolitik bis hin zu Europas sicherheitspolitischer Neuausrichtung bietet der Artikel fundierte Einblicke und bewertet mögliche Zukunftsszenarien.
Die ersten Wochen unter Trump – Konsequenzen für Europa, für Deutschland und die Welt
Dr. Wolfgang Merz
Der seit Januar erneut amtierende US-Präsident Trump wird bald seine ersten 100 Tage absolviert haben. In dieser Zeit war er extrem aktiv an verschiedenen Fronten. Vieles kam so, wie er es angekündigt hat, allerdings gab es auch herbe Überraschungen. In einem Beitrag im Dezember hatte ich geschrieben, dass der Neuantritt von Trump viele Beteiligte weltweit vor große Herausforderungen stellen wird, insbesondere in der Handels-, der Verteidigungs- und der Ukrainepolitik. Diese Prognose für verschiedene Bereiche hat sich bewahrheitet. Was sind nun die ersten Konsequenzen für Europa, für Deutschland und die Welt?
Für Europa bleibt festzuhalten,dass nach einem anfänglichen Innehalten rasche und umfassende Reaktionen erfolgt sind. Diese wurden forciert durch eine skeptische US-Haltung der Ukraine gegenüber sowie Andeutungen der US-Seite, für die europäische Sicherheit nicht mehr unbedingt garantieren zu wollen. Zunächst gab es auf Initiative des französischen Staatspräsidenten Gipfeltreffen in kleinerem Kreis, denen dann am 6. März 2025 ein Sonder-Europäischer Rat folgte sowie am 20./21.3. ein Europäischer Rat folgen wird. Die Formate waren dabei nicht nur EU 27, sondern auch Europa-Willige (inkl. UK) sowie Fünfergruppen im Verteidigungsbereich. Das aktive Agieren von UK (Premier Starmer nahm hier sogar eine führende Rolle ein) ist ein weiterer qualitativer Sprung nach vorne. Trump hat den Brexit stets befeuert, um Europa weiter zu spalten, nun versucht UK umgekehrt, sich nach einem misslungenen Brexit Europa wieder anzunähern.
Inhaltlich hat der Sonder-ER die EU-Unterstützung für die Ukraine nachdrücklich bekräftigt (lediglich Ungarn wich von dieser Linie ab, konnte aber klar isoliert werden). Auch wurde die Basis dafür gelegt, dass die EU 27 mit Gleichgesinnten in den kommenden Wochen eine historische Wende hin zu einer europäischen Verteidigungsstruktur (mit gemeinsamen Beschaffungen und auch neuen Finanzierungsoptionen) verfolgen wird. Schwierig bleibt allerdings auch, wie rasch es gelingt, mit der Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie sich von der dominierenden Stellung der USA auf diesem Gebiet abkoppeln zu können.
Für Deutschland haben die Verlautbarungen zu Trump insbesondere im Verteidigungsbereich die Sondierungsergebnisse einer möglichen künftigen Großen Koalition massiv beeinflusst. Die Entscheidung eines hohen kreditfinanzierten Verteodgungsfonds wäre ohne Trump nie zustandekommen. Dieser könnte sich auf mindestens 500 Mrd. Euro belaufen, wenn man etwa Verteidigungsausgaben von 3% des Bruttoinlandsprodukts anvisiert. Man könnte nun sagen, Trump bekäme Recht, da er ja mehr Geld für die Verteidigung von Deutschland verlangt hat. Aber: Die deutsche Aktion hat parallel zu einem erheblichen Schub für die europäische Debatte gesorgt, da den Mitgliedstaaten der EU nun klar wurde, dass sich Deutschland endlich einen aktiveren Part auf europäischer Ebene spielen wird. Der Eurogruppenpräsident hat diese Einschätzung gerade bekräftigt. Allerdings wurde ein weiterer kreditfinanzierter Topf von 500 Mrd. Euro für die öffentliche Infrastruktur hinzugefügt. Leider gab es parallel keine Einsparungen von öffentlichen Ausgaben oder eine Verbesserung der öffentlichen Einnahmebasis. Stattdessen wurden ca. 40 Mrd. Euro an zusätzlichen Haushaltsbelastungen hinzugefügt. Wirtschaftspolitisch stehen auch wichtige Felder zur Wachstumsbelebung, wie der Abbau von Bürokratie, eine Rentenreform und die Beschleunigung der Digitalisierung bisher nur auf dem Papier. Sollten diese Mängel in den Koalitionsverhandlungen nicht behoben werden (die erste Bundestagsdebatte hierzu war ja auch entsprechend kritisch), könnte sich eine solche massive deutsche Kreditfinanzierung und ein mangelnder Reformwille die finanzpolitische Nachhaltigkeit in der Eurozone belasten. Insbesondere auch, weil es Italien und Frankreich nicht gelingen dürfte, ihre hochverschuldeten öffentlichen Haushalte nachhaltig zu entschulden.
In globaler Sicht ist zunächst das von Trump geliebte Instrument von zusätzlichen Zöllen zu erwähnen, welches er für viele Länder einsetzt oder einsetzen möchte. Allerdings ist ökonomisch unbestritten, dass ein solcher Ansatz allen schadet und damit auch dem Land selbst, welches Zölle erhebt. So dürfte es in den USA eine Inflationierung und sinkende Exporte begünstigen, die neben einer sich überraschend abschwächenden Konjunktur eine wirtschaftspolitische Debatte auslösen könnte, welche Trump nicht gelegen kommen dürfte.
Länderbezogen steht der Versuch, den Ukraine-Krieg rasch zu lösen, im Vordergrund. Die Brüskierung der Ukraine war nicht sonderlich geschickt, zumal man später mit der Wiederaufnahme der Hilfszahlungen an die Ukraine einen Rückzieher machen musste. Ob man letztlich mit Putin eine Vereinbarung hinbekommt, scheint derzeit fraglich, zumal dieser weiterhin sich in einer guten Verhandlungsposition wähnt.
Die in Fragestellung von Sicherheitsgarantien für Europa beunruhigt auch andere Länder in der Welt. Zu denen wären hier in erster Linie Taiwan, Japan oder auch Südkorea. Mit Südafrika wurde ein wichtiger Player auf dem afrikanischen Kontinent verprellt, was dazu führt, dass Europa hier wieder stärker in die Bresche springen möchte. Die aktuellen Besuche der Kommissionspräsidentin und des Präsidenten des Europäischen Rates zur Stärkung der strategischen Partnerschaft unterstreichen dies nachdrücklich. All dies verdeutlicht auch, dass angesichts von Trump sich die Welt sowieso neu sortieren wird. Für Europa bedeutet dies eine Neuausrichtung seiner Kontakte zu China, Indien und Afrika generell, einschließlich der Option von Handelsabkommen. Wie hat es jüngst in einem Essay ein früherer liberianischer Minister Gyude Moore im Titel so treffend beschrieben: „Imagining a World without the US at its Center: Reducing the Levers of American Disruption in Africa and Europe“.
Fazit: Trump hat durch einen vielfältigen Aktionismus für einige Unruhe gesorgt, in bestimmten Bereichen hat er aber zum Teil genau das Gegenteil seiner Absichten bewirkt. Europa wird nicht geschwächt, sondern möchte sich stärken, auch durch weitere Integrationsschritte im Verteidigungsbereich. UK nähert sich wieder der EU an. Deutschland emanzipiert sich schmerzhaft von den USA (ein umgekehrter „Adenauer-Moment“, wie Joschka Fischer kürzlich sagte, da jener Deutschland in den 50er Jahren eng an die USA angebunden hat). Es bleibt abzuwarten, wer mittelfristig hier eigentlich den größeren Schaden davon trägt. Global kann die Zollpolitik sich als Schuss nach hinten erweisen. Beim Ukraine-Krieg wird auch klar, dass man eben nicht in zwei Tagen einen „deal“ mit Putin hinbekommt. Die Welt ordnet sich neu und neue strategische Bündnisse zwischen Europa, China, Indien, Australien, Kanada und Südafrika wären für die USA nicht unbedingt von Vorteil. Dem eigentlichen Ziel der USA, den Hauptkonkurrenten China zu bekämpfen, ist es jedenfalls nicht unbedingt förderlich.
//
Der Autor Dr. Wolfgang Merz ist Berater, Dozent und Autor mit umfassender Erfahrung in nationalen, europäischen und internationalen Prozessen. Als ehemaliger leitender Mitarbeiter im Bundesministerium der Finanzen und Economist beim Internationalen Währungsfonds bietet er strategische Beratung, praxisnahe Bildung und fundierte Publikationen an. Sein Fokus liegt auf der Verbindung von Ökonomie und Politik, um Organisationen und Individuen in einer vernetzten Welt zu unterstützen.
Mehr unter www.wolfgang-merz.de. | contact@wolfgang-merz.de
//
Die Rubrik EAB Impulse bietet Meinungen und Analysen zu aktuellen Entwicklungen in Europa. Die Beiträge spiegeln allein die Perspektiven der Autorinnen und Autoren wider und laden zum Nachdenken und Diskutieren ein. Weitere Informationen zur Arbeit der Europäischen Akademie Berlin und zu ihren Angeboten finden Sie unter:
Homepage: www.eab-berlin.eu | Newsletter: www.eab-berlin.eu/newsletter